Diakon Bernhard Stürber

 

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DIE EVANGELIEN
DER SONN- UND FESTTAGE

Zum Kantillieren eingerichtet
von Bernhard Stürber

1997 erschien  im Verlag des Priesterseminars München und Freising der erste von vier Bänden mit den von mir zum Kantillieren eingerichteten Evangelien der geprägten Zeiten sowie der Evangelien zu den Herrenfesten und Gedenktagen und Festen der Heiligen. Die Nachfrage nach den gedruckten Ausgaben war enorm. Seit 2008 waren die Bände vergriffen, eine Neuauflage war von meiner Seite nicht geplant, weil ich die Arbeit online zur Verfügung stellen wollte. 2011 war es soweit, dass das vorhandene Material entsprechend bearbeitet war und auf meine Homepage gestellt werden konnte.

Ich hoffe bald auch die Sonntage im Jahreskreis "vertont" zu haben, die ich dann ebenfalls hier einstellen werde.

Möge diese Arbeit allen eine Hilfe sein, die sich um eine würdige und glaub-würdige Verkündigung der Frohbotschaft bemühen.

München, im Oktober 2011

Bernhard Stürber


 

Vorwort Zur Gedruckten Ausgabe

Zur vollen Gestalt der Liturgie gehört der Gesang (vgl. Liturgiekonstitution 112; 113; Instruktion „Musicam Sacram“ 1967 5; AEM 19, 76, 77).

Insbesondere der Verkündigung des Evangeliums als „Proklamation“ des Heils ist eine gehobene Art des Vortrags angemessen. Eine seit dem Altertum übliche Art des öffentlichen Vortrags von poetischen Texten oder solchen mit Proklamationscharakter ist das Kantillieren. Damit bezeichnet man heute den freirhythmisch-melodischen Vortrag liturgischer Texte. Das Kantillieren unterscheidet sich vom Gesang im engeren Sinn dadurch, daß die Sprache mit ihren natürlichen Betonungen im Vordergrund steht. Kantillation ist ganz Dienst am Wort.

Durch die Kantillation wird das Wort Gottes ausgezeichnet. Gerade dort, wo insbesondere das Evangelium regelmäßig kantilliert wird, kann es von den Gläubigen als Höhepunkt der Wortverkündigung, als Frohbotschaft unseres Herrn Jesus Christus, erlebt werden. Zusätzliche rituelle Elemente können und sollen dies unterstützen: Ein schön gestaltetes Evangeliar, eine Evangelienprozession, Leuchter und Weihrauch. Das Prinzip der gestuften Festlichkeit gilt auch für die Ausgestaltung der Verkündigung des Evangeliums. Diese wird an einem Hochfest feierlicher sein als an einem Werktag. Das Kantillieren ist jedoch grundsätzlich eine adäquate Vortragsart des Evangeliums, wenn die äußeren Voraussetzungen gegeben sind, d.h. wenn die Kantillation gut ausgeführt wird. Wer sie nicht beherrscht, möge lieber sprechen. Dies entläßt die mit der Verkündigung des Evangeliums Betrauten natürlich nicht daraus, sich entsprechend ausbilden zu lassen! Für manche Evangelienperikopen eignet sich das Kantillieren weniger gut, bzw. sind die angebotenen Kurzfassungen vorzuziehen. Darauf wird jedoch jeweils eigens hingewiesen.

Das vorliegende Angebot von zum Singen eingerichteten Evangelien soll zum einen dazu anregen, mit den entsprechenden Melodiemodellen selbst umgehen zu lernen und zum anderen gerade für unsichere Sänger die Möglichkeit bieten, von einer Notenvorlage abzusingen. Im letzteren Fall möge die Notenvorlage in das Evangeliar oder Lektionar eingelegt werden.

 

Zur Praxis der Kantillation

Eine gute Vorbereitung der hier zum Kantillieren eingerichteten Evangelien ist unerläßlich. Dabei müssen die Texte laut durchgesungen werden.

Die deutsche Sprache erfordert die Berücksichtigung langer und kurzer sowie leichter und schwerer Silben in vielfacher Abstufung. Damit der Sprachrhythmus erhalten bleibt, muß jede Nivellierung durch gleichlange Silben unterbleiben, d. h. auch Wortakzente, die nicht durch eine Melodieformel ausgezeichnet sind, müssen durch Dehnungen hörbar gemacht werden. Lautstärke und Tempo sind abhängig von der Größe des Kirchenraums und dessen Akustik.

Der gewählte Rezitationston „a“ bedeutet keine absolute Tonhöhe. Diese ist vielmehr von der Stimmlage des jeweiligen Sängers abhängig, sollte aber nicht unter den Ton „f“ gehen. Dabei soll auf einen hellen Stimmklang geachtet werden.

Die Einrichtung der Texte zum Singen wurde nach dem Regelbuch für die Orations- und Lekti­onstöne in deutscher Sprache (Christophorus-Verlag, Freiburg i. Br.) vorgenommen, ausge­nommen die Vertonung der Weihnachtsevangelien „In der Nacht“ und „Am Morgen“, die einer alten Tradition folgend nach dem sog. „Jesaja-Ton“ eingerichtet wurden. Desweiteren wurden einige Varianten der approbierten Evangelientöne eingearbeitet. Diese Varianten sind insbe­sondere beim 1. Evangelienton die Hinzunahme von Beuge und Wende, wie sie beim Orationston 1 üblich sind, und einer alten Tradition folgend die Gestaltung des Initiums mit der Wendeformel, falls dieses mit einer formelhaften Textwendung beginnt („In jener Zeit“). Auch soll an dieser Stelle auf die Möglichkeit aufmerksam gemacht werden, Ruf und Antwort nach dem Evangelium aus der Satzschlußformel des jeweiligen Tons zu bilden. Beispiele dafür sind für den I. Ton auf S. 7, für den 3. Ton auf S. 9, für den IV. Ton auf S. 19 und für den V. Ton auf S. 15 ausgeführt. Die Normalform beim I., III., IV. und V. Ton wird jedoch die jeweils an erster Stelle angegebene Melodie sein. Die Ankündigung des Evangeliums kann neben der jeweils angeführten auch lauten: „Aus dem heiligen Evangelium Jesu Christi nach N.“ oder „Aus dem Evangelium nach N.“.

Die Gliederung der Texte in Sinnschritten wurde weitgehend vom Meßlektionar übernommen. Abweichungen davon rühren von Eigenheiten des gesanglichen Vortrags im Unterschied zum Sprechen her, die insbesondere das Atmen betreffen.

Grundsätzlich wurde versucht, den natürlichen Betonungsverhältnissen Rechnung zu tragen. Das bedeutet, daß den Sprechakzenten, insbesondere dem Hauptakzent der Vorrang eingeräumt wurde. Dies kann im Extremfall dazu führen, daß bis zu acht Silben nach dem Hauptakzent folgen (z. B „... er, der die Verhéißungen empfangen hatte“ oder „alle Bewohner des Reiches in Stéuerlisten einzutragen“). Solche immerhin seltenen Fälle ungünstiger rhythmischer Struktur fordern vom Sänger viel Geschicklichkeit, den natürlichen Sprachfluß zur Geltung zu bringen. Manchmal sind Textänderungen bzw. -umstellungen notwendig, um lebendige Sprache und Kantillationsformeln in Einklang zu bringen. Solche Änderungen sind jeweils kenntlich gemacht (EÜ = Einheitsübersetzung).

Die Wortbetonungen entsprechen der deutschen Standardlautung (Duden - Aussprachewörterbuch, Bd. 6, 1990). Bei verschiedenen Möglichkeiten in der Aussprache wurde in der Regel die im Aussprachewörterbuch an erster Stelle genannte Form bevorzugt (z. B. únheimlich statt unhéimlich). Hier und bei regionalen Abweichungen möge der jeweilige Verkündiger des Evangeliums entscheiden und entsprechende Änderungen vornehmen.

Jedes Evangelium ist im 1. Ton mit den genannten Varianten eingerichtet und in einer zweiten Fassung in einem der übrigen Töne.

Die vorliegende Veröffentlichung des Münchner Priesterseminars ist ein Ergebnis der Bemühungen der für die liturgische und kirchenmusikalische Ausbildung künftiger Diakone und Priester Verantwortlichen.

Besonderer Dank gebührt Regens Rainer Boeck und Diakon Hans Gremler vom Fachbereich Ständiger Diakonat für die Unterstützung dieses Projekts sowie den Alumnen des Münchner Priesterseminars, die bei der Vorbereitung geholfen haben.

Möge diese Arbeit allen eine Hilfe sein, die sich um eine würdige und glaub-würdige Verkündigung der Frohbotschaft bemühen.

 

München, im Februar 1998

Bernhard Stürber

Dozent für Liturgik und Kirchenmusik
am Erzbischöflichen Priesterseminar
München und Freising